Es gibt verschiedene Gründe, warum Unternehmen – egal ob groß oder klein – in eine Krise rutschen. Aber wie erkennt man frühzeitig Krisen? Welche Krisenphasen gibt es? Und wie kann man Krisen effektiv entgegenwirken? Dieser Blogbeitrag gibt Orientierung.
Wie entstehen unternehmerische Krisen?
Ursachen unternehmerischer Krisen können zum einem sogenannte exogene Schocks sein. Dazu zählen von außen auf das Unternehmen wirkende, meist recht spontane Ereignisse wie z.B. Lieferkettenabbrüche, Produktionseinschränkungen, Preisregulatorien oder Pandemien. Auch unerwartet wegbrechende Geschäftskontakte oder Absatzmärkte können schnell eine Krisensituation hervorbringen.
In der Regel bahnen sich Unternehmenskrisen jedoch eher langfristig von innen heraus an und basieren regelmäßig auf instabilem unternehmerischem Fundament sowie nicht ausgeprägtem Risiko Bewusstsein.
Die Stakeholder Krise ist die erste Phase einer Unternehmenskrise. In dieser Phase treten Konflikte zwischen den Stakeholdern eines Unternehmens auf. Stakeholder sind Personengruppen, die mit dem Unternehmen in Verbindung stehen, davon abhängig sind oder Einfluss darauf nehmen. Dazu gehören beispielsweise die Gesellschafter, Geschäftsleitung, Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, Überwachungsorgane sowie Banken und andere Gläubiger.
Ursachen für die grundlegende Stakeholder Krise können vielfältig sein. Wenn Konflikte zwischen diesen Gruppen nicht dauerhaft gelöst werden, können sie zu ernsthaften Folgeproblemen führen. Hier sind einige mögliche Auswirkungen der Stakeholder Krise:
Wichtig ist, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen, um Problemeskalationen zu vermeiden. Die Hinweise auf eine Stakeholder Krise sind ein sehr frühes Warnsignal, das auf tiefere Probleme im Unternehmen hinweist. Wird nicht rechtzeitig und adäquat reagiert, grenzt sich der unternehmerische Freiraum sukzessive ein. Je mehr Krisenursachen sich im Unternehmen anhäufen, desto kritischer wird die Situation. Von Phase zu Phase schrumpft der Handlungsspielraum und der Handlungsbedarf wächst.
Bild – Phasen der unternehmerischen Krise
Die Summe kritischer Rahmenbedingungen führt zu Liquiditätsengpässen und unter Umständen einer Liquiditätskrise. Eine Liquiditätskrise, welche im schlimmsten Fall zu einer Insolvenz führt, ist häufige Folge im Strudel einer Unternehmenskrise. In dieser Situation kann es vorkommen, dass Banken oder Investoren sich zurückziehen und damit die Lage noch schlimmer wird.
Wie erkennt man unternehmerische Krisen?
Wann steckt eine Unternehmung in der Krise? Wie erkennt man die Vorzeichen? Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Handeln, wann ist es vielleicht schon zu spät? Um das auf zunächst sehr vereinfachte Weise herauszufinden, gibt es die sogenannte Früherkennungstreppe.
Bei der Früherkennungstreppe handelt es sich um eine zunächst simple Checkliste. Mit ihr ermittelt man die grundlegende Situation des Unternehmens auf sehr plakative Weise. Der Fragebogen gliedert sich in drei Teile, welche die jeweilige Unternehmenskrise-Phase wiedergeben: (1) Früherkennung (2) Späterkennung (3) Sehr-Späterkennung.
Bild: Checkliste Krisen-Früherkennungstreppe (vereinfachte Darstellung)
Eine Unternehmenskrise durchläuft stets mehrere Stadien. Mit dem Wissen über diese Phasen lassen sich Indizien erkennen, Ursachen für die aktuelle Schieflage ergründen und mit den richtigen Mitteln rechtzeitig die Notbremse ziehen. Jede Phase erfordert nämlich ein anderes Krisenmanagement und ein angepasstes Maßnahmenset.
Um sich ein fundiertes Bild über Krisenursachen und -stadium zu machen, sind weitere tiefgründigere Analysen notwendig, um sodann auch die richtigen und wirksamen Maßnahmen ableiten zu können. Wichtig ist hierbei ein unvoreingenommener Blick ins Unternehmen.
Empfehlung: Eine wichtige Rolle haben hier externe Krisenmanager: Unternehmensfremde werfen einen frischen Blick auf die Probleme und sind objektiv. Zudem verstricken sie sich nicht in Interessenskonflikten.
Was ist Krisenmanagement?
Ziel des Krisenmanagements (von engl. crisis management) ist es, einer Unternehmenskrise vorzubeugen bzw. diese zu überwinden und nachzubereiten. Es definiert und steuert alle Maßnahmen, die dazu dienen, eine Krise zu verhindern oder zu beherrschen. Es dient dazu, den Betrieb einer Unternehmung aufrechtzuerhalten und nach der überwundenen Krise Schlüsse für die zukünftige Krisenvermeidung zu ziehen.
Krisenmanagement hat viele Facetten und sieht je nach Stadium anders aus. Einige Aufgaben beginnen schon vor einer Krisensituation. Dabei geht es vornehmlich darum, Schwachstellen zu ermitteln, Warnsignale zu bestimmen sowie Handlungsempfehlungen für den Notfall zu entwerfen.
Präventives Krisenmanagement
Zum 01.01.2021 trat das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierung- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG) in Kraft. Der Gesetzgeber hat dabei erstmals rechtsformübergreifend eine Pflicht für Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Unternehmensträgern (Geschäftsleiter) zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement herausgearbeitet und kodifiziert.
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 StaRUG besteht eine allgemeine Pflicht für Geschäftsleiter einer juristischen Person, fortlaufend über Entwicklungen zu wachen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Erkennen sie solche gefährdenden Entwicklungen, ergreifen sie geeignete Gegenmaßnahmen und erstatten den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen unverzüglich Bericht.
Obwohl die Pflicht zur Implementierung eines Krisenfrüherkennungssystems nicht neu ist, wird ein solches in der Praxis bislang nur in wenigen Fällen auch angemessen eingesetzt. Die skizzierten Mindestanforderungen sollten indes von jedem Geschäftsleiter leicht, kostengünstig und schnell umzusetzen sein, um auch die Anforderungen des § 1 StaRUG zu erfüllen.
Verstoßen Geschäftsleiter gegen diese Sorgfaltspflicht zur Implementierung eines Krisenfrüherkennungssystems (KFS) oder gegen die Pflicht zum Krisenmanagement, so drohen persönliche Schadensersatzansprüche gegenüber der Gesellschaft bzw. der Insolvenzmasse.
Empfehlung: Nutzen Sie zum Aufbau und zur Implementierung eines Krisenfrüherkennungssystems (KFS) das verfügbare interne Know-how Ihrer gesamten Organisation. Entwickeln Sie in der Organisation von Beginn an das grundlegendes Risikobewusstsein Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte. Nutzen Sie ergänzend externe Expertise. Externe Experten bringen entsprechende Erfahrung aus früheren Umsetzungsprojekten ein und sichern die Wirksamkeit des KFS.
Krisenmanagement in kritischen Unternehmensphasen
Die Aufgabe des kontinuierlichen Krisenmanagements ist es, kritische Phasen rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Ist die Krise bereits eingetreten, übernimmt es die Funktion, aktuell erforderliche Maßnahmen zu definieren, diese zu koordinieren und zu kontrollieren.
Bild: Krisenmanagement und Maßnahmen
Die Begriffe Sanierung, Restrukturierung und Turnaround werden oft synonym verwendet, aber es gibt subtile Unterschiede zwischen ihnen.
“Sanierung” leitet sich vom lateinischen Wort “sanare” ab, was “heilen” bedeutet. Eine Sanierung ist notwendig, wenn ein Unternehmen in einer kritischen leistungswirtschaftlichen und finanziellen Situation ist und “Heilung” benötigt, um seine Existenz zu sichern. Sanierungsmaßnahmen zielen darauf ab, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen und seine finanzielle Stabilität zu gewährleisten.
„Restrukturierung“ bezieht sich auf die Neugliederung innerbetrieblicher Strukturen und Prozesse. Sie kann in gesunden Unternehmen stattfinden, um auf Veränderungen im Geschäftsumfeld zu reagieren oder um eine bessere Positionierung zu erreichen. Sie findet aber auch in fortgeschrittenen Krisenstadien Anwendung, um Arbeitsweisen anzupassen, die Leistungsfähigkeit zu pushen und Organisations- und Prozesskosten anzupassen. Ziel der Restrukturierung ist es, künftige Verluste zu vermeiden, Gewinne zu verbessern und eine tragfähige Positionierung des Unternehmens sicherzustellen.
„Turnaround Management“ ist ein radikaler Wandel, der notwendig ist, um ein Unternehmen vor dem Scheitern zu bewahren. Im Gegensatz zur Restrukturierung setzt der Turnaround eine existenzielle Bedrohung des Unternehmens voraus. Ein Unternehmen kann sich theoretisch jederzeit restrukturieren, aber ein Turnaround ist nur in der Krise unvermeidlich.
Typische Maßnahmen beim Turnaround sind tiefgreifende Veränderungen wie die Umsetzung von Personalabbauplänen, die Kostensenkung in den Gemeinkosten, das Abstoßen von Geschäftseinheiten oder das Outsourcen und Variabilisieren von Prozessen und Aufgaben.
Zusammenfassend: Sanierung ist die Heilung eines kranken Unternehmens, Restrukturierung geht über laufende Anpassungen hinaus, und Turnaround ist der letzte Rettungsversuch, um die Existenz des Unternehmens zu sichern.
Erfolgsfaktoren für erfolgswirksames Krisenmanagement
Krisenprävention kostet Zeit und Ressourcen und ist dennoch eine gute Investition. Denn selten kommt die unternehmerische Krise aus heiterem Himmel. Ein Krisenfrüherkennungssystem (KFS) gibt bei richtiger Implementierung und Nutzung rechtzeitig Alarm, sobald Risiken unbeherrschbarer werden. Kommt die Krise, sind Unternehmer, Management und Organisation, aber auch andere Stakeholder wie z.B. Kapitalgeber gut aufgestellt und sofort handlungsfähig.
Eine Krise sollte man nicht aussitzen, auch wenn damit oft schwierige Entscheidungen und Belastungen verbunden sind. Ebenso wenig ist aber auch zu empfehlen, in operative Hektik zu verfallen und überstürzt zu handeln.
Das Management sollte zunächst den Ursachen auf den Grund gehen. Entscheidend ist umsichtiges Handeln. Wichtige Entscheidungen sollten niemals alleine von einer Person getroffen werden. Eine kooperative Management Kultur hilft in der Krise. Regelmäßiges Risiko Management hilft, auf drohende Szenarien vorbereitet zu sein und in der Krise zu funktionieren.
Der Erfolg des Krisenstabs hängt wesentlich auch von der personellen Auswahl ab. Um handlungsfähig zu bleiben, sollte das Team so klein wie möglich, Entscheidungsträger benannt und Kompetenzen gut verteilt sein. Zu den sozialen Kompetenzen der Taskforce gehören Durchsetzungsfähigkeit, Flexibilität, Toleranz gegenüber Ungewissheiten, effizientes Arbeiten unter Zeitdruck, Entschlusskraft und objektives Urteilsvermögen.
Krisenmanager müssen viel Wert auf eine fokussierte Kommunikation legen. Schließlich bedeuten die Entscheidungen für die Belegschaft oftmals Veränderung, damit verbundene Ängste, ein notwendiges Umdenken und neue Arbeitsweisen. Die Erklärungen hierfür bedürfen viel Feingefühl. Einerseits gilt es Mitarbeiter transparent zu informieren, andererseits sollten diese motiviert bleiben und nicht unnötig abgeschreckt werden. Um keinen Imageschaden zu erleiden, sollten die Informationen nur kontrolliert und klar gesteuert nach außen gelangen, um Kunden und Geschäftspartner nicht zu verprellen. Folgende Punkte sind insbesondere in der Krisenkommunikation zu beherzigen:
Guter Rat ist Gold wert. Viele Unternehmer und Manager krisenunerfahren und besitzen oft zu wenig Know-how, erst recht in fortgeschrittenen Krisenphasen
Ein wichtiger Vorteil von externen Krisenmanagern: Unternehmensfremde werfen einen frischen Blick auf die Probleme und sind objektiv. Zudem verstricken sie sich nicht in Interessenskonflikten. Schließlich geht es ihnen nicht um den Erhalt der eigenen Abteilung oder um Lorbeeren. Allerdings sind sie noch nicht mit der Unternehmenskultur vertraut und müssen erst in Strukturen eingeweiht werden. Diesem Nachteil kann man entgegenwirken, wenn der Krisenhelfer das Unternehmen längerfristig betreut, d. h. bereits in die Krisenvorbeugung oer aber in frühen Krisenphasen involviert ist. Zudem sollte der beauftragte Fachmann mit komplexen Unternehmenssituationen erfahren sein und belastbare Referenzmandatierungen vorweisen können.
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